Die Perspektive in der Moderne und Gegenwart

Marcel Duchamp: Stereoscopie à la main, 1918-19
Die bildende Kunst seit dem 20. Jahrhundert und insbesondere die moderne Malerei gelten gemeinhin als perspektiv-feindlich. Sie werden bildgeschichtlich weitgehend als Zäsur begriffen, mit der die bereits im 19. Jahrhundert beginnende Zersetzung des linearperspektivisch konstruierten Bildes und seiner hegemonialen Paradigmen endgültig vollzogen wird. Dabei wird oft verkannt, dass die Perspektive in der Moderne und Gegenwart ein zentrales bildtheoretisches Problem bleibt. Zwar werden die normativen Funktionen der Perspektive als bildnerisches Mittel kritisiert, doch ist diese Kritik implizit oder explizit der Perspektive als einem paradigmatischen Modell der Bildlichkeit verpflichtet und führt zu einer bis heute anhaltenden Theoriebildung zu Fragen und Problemen der Perspektivität.

Das Dissertationsprojekt untersucht auf der Basis einschlägiger Theorien und anhand exemplarischer künstlerischer Positionen, inwiefern die Perspektive für die künstlerische Bildproduktion sowie die Bildtheorie der Moderne und Gegenwart von Bedeutung ist. Dabei liegt die Annahme zugrunde, dass die Perspektive nicht bloss ein technisches Gestaltungsmittel ist, sondern insbesondere in ihrer Funktion als theoretischer Gegenstand verstanden werden muss. Ziel ist es, die Rolle der Perspektive zwischen konkret formgebendem Mittel und Theorie zu begreifen.